Arztbesuch

Arztbesuch

Erkältet sein und Rad fahren nervt. Zumindest, wenn ich eigentlich lieber im Bett liegen oder auf der Couch sitzen und mich ausruhen will. Jeder mit Kindern weiß, dass das nicht geht. Wenn es mir richtig schlecht geht, kann der Mann zu Hause bleiben und die Kinder übernehmen, aber entweder eines der Kinder ist krank und wir holen ein Attest beim Kinderarzt oder er muss einen Tag Urlaub nehmen. Also muss auch Rad fahren sein, wenn wir nur zu Hause bleiben gehen die Kinder die Wand hoch oder wir ernähren uns von trockenen Nudeln mangels Einkauf.

Was aber, wenn die Kinder krank sind? Unser Kinderarzt ist in Darmstadt, wir brauchen eine gute halbe Stunde bis dorthin, und was wenn wir mal in die Notaufnahme müssen?

Normalerweise sage ich immer, dass die Fahrtzeit zum Arzt etwa gleich ist mit Auto und Fahrrad, dass die Kinder im Lastenrad genauso bequem sitzen und dass es auch im Winter im Normalfall nicht zu kalt ist (Wärmflaschen!), außerdem gibt es den Bus. Falls es ein echter Notfall ist, können wir einen Krankenwagen rufen, und für alles andere: Taxi.

An einem Wochenende Ende Januar hatten wir Gelegenheit, diese Behauptungen zu testen.

Der Mann und ich kränkelten. Es war Erkältungszeit, und dank Kindergarten nahmen wir mit, was ging. Wobei es letzten Winter noch viel schlimmer war, ich will mich also gar nicht beschweren. Trotzdem: wir hingen durch. Samstag morgen fing der Sohn an, ihm tue etwas weh. Da wir wegen der Sache bereits einen Termin beim Kinderarzt für nächste Woche vereinbart haben, überlegten wir hin und her und ließen ihn dann auf einen Kindergeburtstag gehen, weil er und die anderen Kinder sich schon alle darauf gefreut hatten. Es lief auch alles gut.

Um zehn Uhr abends wachte er dann auf und hatte unvermittelt lautstark solche Schmerzen, dass der Mann sich mit ihm auf den Weg in die Notaufnahme machte. Obwohl er selbst angeschlagen war, fuhren die beiden mit dem Rad dorthin. Dort angekommen, ging es dem Sohn natürlich wieder gut, trotzdem wollte der Mann ihn eigentlich dem Arzt vorstellen. Bis er die Schlange dort gesehen hat, eine Wartezeit von mindestens zwei Stunden war dann doch nicht angemessen. Also wieder heim.

Sonntag vormittag machte ich mich dann mit ihm auf den Weg zur kinderärztlichen Bereitschaft, ebenfalls in der Kinderklinik in Darmstadt. Wir wollten Bus fahren, weil ich erkältet war und ziemlich schlapp. Trödel, trödel, und wir verpassten den Bus. Der fährt sonntags nur jede Stunde, also sind wir wieder nach Hause gegangen und dann doch mit dem Fahrrad los. Auf halbem Weg habe ich gemerkt, dass die Krankenkassenkarte des Sohnes nicht in meinem Portemonnaie steckte, sondern in dem des Mannes. Leider reichte die Akkuladung nicht für wieder nach Hause und nochmal los, weil ja der Mann in der Nacht bereits gefahren war.

Ich fuhr zurück, steckte den Akku an den Auflader, aß etwas und wir nahmen den nächsten Bus. diesmal klappte es, wir kamen an, mussten nur etwas über eine Stunde warten und gingen mit einem Rezept wieder hinaus. Die nächste geöffnete Apotheke war durch erneutes Bus- und Bahnfahren zu erreichen, nur hatten sie dort nicht das richtige Medikament auf Lager. Wir fuhren also zur nächsten Apotheke an den Hauptbahnhof, wo wir nach einem erfolgreichen Medikamentenkauf und einer heißen Schokolade die Wartezeit von gut einer halben Stunde verbrachten. Zum Glück gibt es dort genug spannendes zu sehen für einen Vierjährigen.

Wir kamen fast sieben Stunden nach dem ersten Startversuch rechtzeitig zum Abendessen wieder nach Hause. Der Sohne meinte, es sei trotz Arzt ein schöner Tag gewesen und hat sich besonders über die vielen Fahrten mit Bus und Straßenbahn gefreut. Für ihn als Landkind ist es auch immer wieder spannend, und er hat viele Fragen und schaut sich alles genau an.

Ich selbst war etwas frustriert, weil alles so schleppend voran ging und die zwei Fehlstarts nervten. Trotzdem habe ich nicht einmal daran gedacht, meine Eltern darum zu bitten uns zu fahren oder das Auto auszuleihen und wollte auch kein Taxi nehmen. Vielleicht wäre die Fahrerei durch Darmstadt mit dem Auto schneller gegangen, ich hätte aber jedes Mal einen Parkplatz suchen und den Sohn an- und abschnallen müssen. Mit dem Fahrrad wäre es am problemlosesten gewesen, aber eben anstrengend wegen meiner Erkältung.

Ob autofrei oder autounfrei, krank unterwegs sein zu müssen nervt, selbstverschuldete Verzögerungen sind genauso doof wie nicht selbst verschuldete, und manchmal gibt es auch an blöden Tagen noch Lichtblicke. Und ich habe einen neuen Witz im Bus gehört: Kommt ein Skelett zum Arzt. Sagt der Arzt: „Na, Sie kommen aber spät!“ Hihihi.

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