Herbst
Der Herbst ist allgegenwärtig. Der Oktober hat uns noch ein paar schöne, warme Tage mit Sonnenschein geschenkt, und schon sind wir mitten drin im November. Ein paar lange Monate, in denen uns farblich keine Abwechslung geboten wird. Graubraun, graugrün, graugrau. Am Himmel ist eine formlose Wolkenmasse, die tagelang neblig direkt auf die Erde drückt.
Der November macht müde, die Natur geht schlafen. Auf den Koppeln stehen dösende Pferde im Nieselregen, die Vögel sind leiser geworden und bis auf ein paar Spinnen sind keine Insekten mehr zu sehen.
Wenn wir morgens aufstehen, ist es stockdunkel. Ist die Sonne eine Stunde später aufgegangen, haben wir noch kurz Zeit, den Reif zu bewundern, der Dächer und Gärten schmückt.
Der Raureif hat mich überrascht. Als ich vor etwa zwei Wochen morgens mit dem Auto etwas weiter weg fahren wollte, musste ich erst das Eis von den Scheiben kratzen. Daran habe ich nicht gedacht, mit dem Fahrrad kann ich nach einer kalten Nacht einfach fahren.
Die Hemmschwelle einfach loszufahren ist größer, wenn ich mich vorher wetterfest und warm einpacken muss. Zum Glück ist es eigentlich ganz angenehm, wenn ich dann mal unterwegs bin. Die Luft ist feucht, mit der Bewegung werde ich warm und ich fühle mich freier als im warmen Haus. Der Nebel hinterlässt vielleicht kleine Tröpfchen auf meiner Brille, aber das stört mich nicht, solange es hell ist. Der Horizont rückt näher. Aus dem Nebel tauchen immer wieder Gestalten auf, mal sind es Hochspannungsmasten, deren Spitze ich nicht sehen kann, mal Traktoren, die die Äcker düngen. Wenn ich auf einem Feldweg zwischen zwei Dörfern stehenbleibe, ist niemand zu sehen. Ruhe.
Genau wie ich im Sommer nach einer Fahrt durch die Hitze zu unserem kühlen Haus zurück komme, kann ich mich im Herbst und Winter zu Hause aufwärmen. Und ich kann mir gratulieren: ich habe meinen inneren Schweinehund ein weiteres Mal besiegt!