Wer sind wir?
Unsere Familie besteht aus dem Mann, dem Sohn (*2014), der Tochter (*2016) und mir. Wir wohnen seit August 2016 in Braunshardt, einem Ortsteil von Weiterstadt, knapp 10 km von Darmstadts Innenstadt entfernt. Der Mann arbeitet Vollzeit, ich bin seit meinem Magisterabschluss Vollzeit für unsere Kinder da. Wir leben autofrei. Zuerst war es als eine Art Experiment angedacht, mittlerweile sind wir überzeugt davon, dass es momentan am besten zu uns passt.
Der Mann und ich besaßen zeitweise ein Auto, zuerst einen zum Camper umgebauten VW Bulli namens Kasimir, später das alte Auto seiner Großeltern. Von beiden Autos haben wir uns getrennt, weil sie im Alter immer kostenintensiver wurden.
Bereits in unserer Autozeit war uns klar, dass wir aufgrund der ständigen Verfügbarkeit mehr Strecken mit dem Auto zurücklegen, als eigentlich nötig gewesen wäre. Der Bulli hatte den Vorteil, dass wir ihn auch für größere Transporte verwenden konnten. Das war mit dem alten Audi nicht möglich.
Der Umstieg auf ein Leben ohne eigenes Auto fiel uns nicht schwer, da unsere Eltern in der Nähe wohnten und wir uns jederzeit ein Auto leihen konnten. Außerdem meldeten wir uns beim Carsharing an. Der nächste Parkplatz mit book-n-drive Autos war zwei Querstraßen entfernt, näher als wir häufig mit dem eigenen Auto einen Parkplatz gefunden hatten. Noch dazu hatten wir mit ein wenig Planung jederzeit Zugriff auf verschiedene Autotypen, je nachdem, was wir vorhatten.
In Darmstadt ließ sich alles fußläufig oder mit dem Rad erreichen, bei Unlust oder schlechtem Wetter konnten wir jederzeit mit dem ÖPNV fahren. Durch unsere Studententickets mussten wir uns auch keine Gedanken über die Kosten für die Fahrkarten machen. Nach und nach wurde uns auch immer bewusster, dass wir ohne Auto nicht nur weniger Geld ausgeben, sondern auch weniger zur Umweltverschmutzung beitragen.
Als klar war, dass wir aus der Stadt mit ihren kurzen Wegen „auf’s Land“ ziehen würden, kauften wir ein (schon lange gewünschtes) Lastenrad. Auch wenn das Leben ohne Auto manche Herausforderungen bietet, sehen wir unser Rad doch als vollwertigen Autoersatz an. Mit dem Lastenabteil können wir bis 100 kg Last transportieren, außerdem sind dort Gurte und ein Sitzpolster für zwei Kinder angebracht. Bei kühlem oder kalten Wetter oder bei Regen schützt ein rundum geschlossenes Verdeck die Kinder. Am Gepäckträger lassen sich zwei Fahrradtaschen anbringen und wenn wir größere Dinge durch die Gegend fahren und die Kinder mitnehmen wollen, hängen wir den Kinderanhänger an. Was kaum jemand ahnt: ich mag Fahrradfahren eigentlich gar nicht so sehr. Es ist unbequem und strengt an. Die Vorteile überwiegen allerdings.
Unser Lastenrad besitzt einen Motor. Hätten wir den nicht, würde ich nicht auf ein Auto verzichten. Das Fahrrad wiegt über 30 kg, hinzu komme ich selbst, zwei Kinder und das Geraffel, das irgendwie immer dabei ist. Im ersten Dreivierteljahr hatte ich meistens den Kinderanhänger mit seinen 14 kg zusätzlich angehängt. Mein Mann nutzt das Lastenrad um damit ins Büro zu fahren, wenn er erkältet ist und Kraft sparen will.
Das Lastenrad als Autoersatz war ursprünglich als ein Experiment angelegt. Wir wollten ein Jahr autofrei leben und danach Bilanz ziehen und uns vielleicht doch für ein Auto entscheiden. Im Sommer 2017 war das Jahr vorbei und wir beschlossen, ein Auto zu kaufen und mit Saisonkennzeichen anzumelden, sodass wir im Winterhalbjahr mit dem entsprechenden Schmuddelwetter eine Alternative hätten. Der Autokauf wurde immer weiter vertagt, wir konnten den nötigen Elan nicht aufbringen um ein passendes Auto zu finden, das unseren Ansprüchen genügt und bezahlbar ist. Mittlerweile ist der Winter vorbei und wir haben ihn wieder gut überstanden. Der Autokauf ist also vorerst in die Ferne gerückt. Ich freue mich an Temperaturen, bei denen ich ohne Handschuhe und Mütze unter dem Helm fahren kann und bei denen die Kinder bequemer auf ihrem Sitz sitzen können, wenn die dicken Winterjacken gegen dünnere Jacken getauscht werden können… und sobald das Verdeck wieder für ein paar Monate im Schuppen verschwinden kann, bin ich glücklich!
In diesem Blog möchte ich über unser autofreies Leben mit zwei Kindern außerhalb der Stadt erzählen. Vielleicht helfen unsere Erfahrungen Unentschlossenen, die Entscheidung für den Alltag ohne Auto zu treffen. Gründe dafür gibt es genug!